Vom Charakter der japanischen Musik

Die Bedeutung der Lehrmethoden in der japanischen Musik

Wie viele japanische Künste wird auch die Musik als Kunstweg aufgefasst. Es geht im Erlernen einer Kunst nicht nur um das Ausübenkönnen der dazu nötigen Fertigkeiten, sondern auch um eine moralische und ethische Schulung des Menschen. Die Auswirkungen auf die Lehrmethoden sind vielfach und können in diesem Zusammenhang nur angedeutet werden.

Ein wichtiger Einfluss auf Lehrmethoden hatte die Ansichten der Zen-Sekte, dass Unterrichten heisse, "mit dem Herzen dem Herzen vermitteln" und Lernen bedeute "Erkenntnis aus eigener Erfahrung" zu erlangen. Ein "Weg", so die Auffassung vieler Japaner, lässt sich nicht durch Worte lehren. Sowohl von religiösen Lehren als auch von geheimen Lehren der Kunstwege meinte man, dass sie "schwer aussprechbare Dinge" seien. Kunstwege werden demnach nicht gelehrt, sondern erfahren (satoru). Das Erlernen beruht nicht auf "der Kraft eines anderen" (tariki) sondern auf "eigener Kraft" (jiriki), So werden bis heute die meisten Kunstwege ohne Erläuterungen, ohne Noten und Lehrbücher vermittelt. Der Schüler soll durch Übung selbst das Wesentliche des Kunstweges erfahren können. Es wird von Anfang Wert darauf gelegt, dass der Schüler im richtigen Geiste und inhaltlich richtig lernt.

Methodisch überwiegt die Praxis des Vormachens und Nachmachens. Der Schüler lernt durch Imitation des Lehrers. Erläutert wird wenig, der Schüler hat zu hören, zu beobachten, zu versuchen. Erst was er selbst aufnehmen kann, kann er auch anwenden.

Musik wird nicht nur vom Lehrer gelehrt: Die Natur und ihre Schönheit, der Himmel und die Erde sind Lehrmeister. Auch alle Tätigkeiten, von Gartenarbeit bis Toilettenputzen, sind Übungen, welche den Lernenden in seinen Erfahrungen weiter bringen. Es gab sogar die Ansicht, dass anfänglich der Schüler gar nicht auf dem Instrument Unterricht erhalten solle, sondern in mühsame Arbeit verrichten zu lassen, damit sein Geist geschult werde. Auch ist die Ansicht verbreitet, den Schüler zu plagen, ihn sich anspannen zu lassen um so sein inneres Auge sehend werden zu lassen.

Ich werde im Zusammenhang mit dem Weg der Shakuhachi meine persönliche Ansicht zu diesem Thema noch erläutern.

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